Wort auf den Weg





Annäherung

Immer, wenn ich auf dem Bahnhof einige Minuten bis zur Abfahrt meines Zugs warten muss, gehe ich in einen Buchladen. Kennen Sie das Gefühl beim Stöbern in den Büchern? Letzthin ist mir ein Buch in die Hände geraten, das ich nur aufgrund seines Titels sofort gekauft habe. Darin erzählt der Schriftsteller1 seiner Tochter die Geschichte eines berühmten Scheichs, der sich für eine Predigt angekündigt hatte. Zu diesem Ereignis erschienen so viele Gläubige in der Moschee, dass es keinen Platz mehr gab. Es herrschte ein derart unübersichtliches Gedränge, dass der Platzanweiser darüber in Not geriet. Wohin nur mit all diesen Menschen? Er wusste sich schliesslich zu helfen und rief laut in die Menge: «Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen.» Es ist sehr gut vorstellbar, dass diese Aufforderung zu mehr Platz für die einzelnen Besuchenden geführt hat. Durch diesen einen Schritt, hat jede anwesende Person einen kleinen Beitrag zu einer neuen Ordnung geleistet.

In den vergangenen Monaten, in denen sich die aufwühlenden, beängstigenden und traurigen Nachrichten weltweit so sehr gehäuft haben, stellt sich die Frage nach dem gegenseitigen Verständnis und Miteinander immer drängender. Wie kann es gelingen, dass wir achtsam miteinander und mit unseren Lebensgrundlagen umgehen, über alles hinweg, was uns zu trennen vermag oder uns unterscheidet? Wir sollten diesen Schritt aufeinander zu wagen, vielleicht ist es der erste auf dem Weg zu gemeinsamen Lösungen.

Renate Grunder

1Navid Kermani, «Jeder soll von da, wo er ist, einen Schritt näher kommen - Fragen nach Gott»


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