Nicht über die Jugend reden – sondern ihr zuhören
Wie können Junge die Kirche mitgestalten? Weniger Formalitäten, mehr Freiräume, mehr Mut zum Risiko: So lässt sich die Gesprächssynode Jugend auf den Punkt bringen.
Junge Menschen und Kirche - wie geht das?
«Beschissen früh» beginne der Sonntagsgottesdienst. Dies sagt kein «echter» Jugendlicher, sondern eine Schauspielerin. In kurzen Szenen thematisieren die Darsteller:innen auf der Bühne der Aula eines Gymnasiums in Bern typische Situationen, wie sie im Umgang von Verantwortungsträger:innen mit Jugendlichen stattfinden. Zuviel Orgel, zuviel Ballenberg, zu wenig Modernes, finden die Jungen.
Noch «be….en» früher als ein Sonntagsgottesdienst hat die Gesprächssynode Jugend begonnen. Einrücken ab 8 Uhr: Das würde sich keine Kirchgemeinde getrauen, und das an einem Samstagmorgen. Etwa 60 Jugendliche und junge Erwachsene sind hier, dazu zwei Dutzend Amtspersonen aus Kirchgemeinden, Fachleute aus den Gesamtkirchlichen Diensten und an die 200 Synodale. Die Theaterszenen auf der Aula-Bühne bringen manche zum Schmunzeln.
Theaterszene 1: Radiomoderator Sandro startet unter jungen Menschen eine Umfrage zum Thema «Kirche».
Theaterszene 2: Der Kirchenrat Oberli kommt nach dem Gottesdienst mit Jugendlichen ins Gespräch, die der Meinung sind, dass die Kirche an ihren Traditionen erstickt.
Christoph Fankhauser begleitet den ganzen Tag musikalisch mit Piano, Gitarre und Gesang.
Die Theaterszenen werden in mehreren Gesprächsgruppen diskutiert.
Jugendliche und ältere Menschen im Dialog über die Zukunft der Kirche.
Jugendliche und ältere Menschen tauschen sich über Wünsche, Erwartungen und Ideen für die Kirche aus.
Die Resultate der morgendlichen Austauschrunden werden in einem ersten Podium zusammengetragen.
Carsten Heyden mit Anaël Jambers im Gespräch zur Zukunft der KUW.
Jugendliche teilen ihre Gedanken und Ideen in einem Podiumsgespräch vor.
Kreativ im Dialog
In Workshops überlegen sich «Junge» und «Alte», wie starre Formen überwunden, Neues ausprobiert, Räume geöffnet und Verantwortung übertragen werden könnten. Wobei Räume wörtlich zu nehmen ist. «An Räumen fehlt es in Kirchgemeinden selten», sagt jemand. Man sollte Jugendlichen «einfach den Schlüssel in die Hand drücken und sehen, was passiert». Vertrauen schenken sei wichtig.
Einige räumen im kleinen Kreis ein, dass sie die Kritik an Orgelmusik und Liturgien schmerze. «Ich liebe Traditionen», sagt eine Synodale. Die Frage sei doch, wie man sie auf eine gute Art lebendig halte. Christoph Fankhauser, der auf der Hauptbühne als Musiker durch den Tag führt, macht es vor: Wenn er in die Tasten greift, erkennt man in den rasanten Tönen ein uraltes Kirchenlied – wenn man es denn kennt.
Ein Kirchgemeinderat hat so seine Erfahrungen gemacht mit modernen Formen. Da trat im Gottesdienst eine Band auf. Einige Junge waren da, auch viele Ältere. «Beim zweiten Mal blieben die Alten fern, und die Jungen blieben eine kleine Gruppe.» Man habe die treuen Gottesdienstbesucher:innen verscheucht.
Falsch abbiegen gehört dazu
Neues ausprobieren sei das Gebot der Stunde, sagt eine Studentin. Eine Bike-Tour, auf der man während einer Rast ins Gespräch komme. Andere Formate halt. Ein angehender Theologe und Cevi-Leiter erinnert sich an ein Lager, das er organisierte, mit Kollektivbillett und allem Drum und Dran. «Dann haben wir im Hauptbahnhof den falschen Zug erwischt.» Tragisch sei das nicht gewesen: «Ich habe viel daraus gelernt.»
Falsch abbiegen gehört also dazu. Wichtig ist, dass man das Ziel im Auge behält. In einem Schlussvotum im Plenum erinnert ein junger Mann mit der Eindringlichkeit eines Erweckungspredigers an das Jesuswort aus Matthäus 6,33: «Trachtet zuerst nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird auch das alles zufallen.» Applaus.
Ein anderer hofft, «dass solche Anlässe überflüssig werden». Er meint damit, dass das Reden mit Jungen statt dem Sprechen über sie zur Selbstverständlichkeit werden, immer und überall, auch dort, wo die Entscheidungen fallen. Nur wenn alle sich einbringen könnten, entstehe etwas Ganzes. «Die Wahrheit ist ein zerbrochener Krug, alle tragen eine Scherbe auf sich.»
Kommentare