Täuferbrücke (Ensemble 78 / 092025)

Der Jura und die Täufer, eine 500-jährige Geschichte

Die Täufer fanden ab dem 16. Jahrhundert, vor allem aber im 18. Jahrhundert auf den Hügeln des Juras Zuflucht vor der Verfolgung, die ihnen überall drohte. Obwohl ihre Zahl zurückgegangen ist, bleiben sie im Jura präsent. Die aus der Reformation hervorgegangene, pazifistische Bewegung der Täufer feiert heuer ihr 500-jähriges Bestehen.

Von Text: Nathalie Ogi, Foto: Alain D. Boillat

Tannenwälder, hügelige Weiden – von Corgémont, Tavannes oder Sonceboz aus deutet nichts auf menschliche Präsenz in diesen auf über 1000 Metern Höhe gelegenen Landstrichen des Berner Juras hin. Und doch – ausgerechnet hier und insbesondere auf dem Plateau von La Tanne liessen sich die Täufer ab dem 16. Jahrhundert nieder. Dicht beieinander liegen ein Bauernhof, eine ehemalige Schule und eine Kapelle. In jener Zeit bildeten diese Gebäude die «Überlebenstriade» dieser christlichen Gemeinschaften, erklärt Michel Ummel, Historiker und Theologe aus der Region und zudem Leiter des Archivs und der Bibliothek der Schweizerischen Mennonitischen Konferenz (ABKMS). Auf der Flucht vor Verfolgungen begaben sich die Täufer in grosser Zahl in das Gebiet des damaligen Fürstbistums Basel, die meisten von ihnen zu Beginn des 18. Jahrhunderts.

Die Täufer standen für Religionsfreiheit ein und stellten christliche Grundsätze in Frage, darunter den Bilderkult, den Gottesdienst und das Abendmahl.

Radikaler als reformiert 

Die Täuferbewegung entstand mehrheitlich in der Reformationszeit in Zürich und wurde getragen von Anhängern von Ulrich Zwingli. Sie stützte sich auf die biblischen Texte in Hebräisch und Griechisch und befürwortete eine strikte Trennung von Kirche und Staat. Die Täufer standen für Religionsfreiheit ein und stellten christliche Grundsätze in Frage, darunter den Bilderkult, den Gottesdienst und das Abendmahl. Vor allem aber lehnten sie die Taufe von Neugeborenen ab und forderten stattdessen eine freie und bewusste Religionswahl im Erwachsenenalter. «Zwingli selbst teilte 1523 diese Haltung ... bevor er unter politischem Druck davon abrückte», führt Michel Ummel aus. Der Zürcher Reformator liess mehrere seiner ehemaligen Weggefährten hinrichten, darunter Felix Manz, Mitbegründer der «Schweizer Brüder». Am 21. Januar 1525 feierte Manz in seinem Haus die erste Erwachsenentaufe, die heute als Gründungsakt der Täuferbewegung gilt. Im darauffolgenden Jahr bestrafte dies der Zürcher Rat mit dem Tod durch Ertränken in der Limmat. Dieses schreckliche Ende ereilte Felix Manz im Januar 1527 (historische Abbildung unten). 

Ertränkung Manz (Ensemble 78 / 092025)

Schon bald wurde auf die Täufer Jagd gemacht, ab 1525 in der Schweiz und anschliessend in ganz Europa. Die Täufer lehnten jegliche Gewalt und bewaffnete Verteidigung ab und weigerten sich zudem, ein Bekenntnis abzulegen.

Gewaltlose Täufer wurden gejagt

Auf der Flucht vor Verfolgung gelangten sie anfangs ins Emmental und ins Berner Oberland. Doch schon Mitte des 18. Jahrhunderts wurden sie von einem Sondergericht erneut zur Flucht gezwungen.

Zahlreiche Täufer begaben sich darauf in den Jura, nach Frankreich, Rheinland-Pfalz, in die Niederlande oder nach Nordamerika. Ihr Erbe lebt fort in der sogenannten «mennonitischen» Kirche. Diese wurde vom niederländischen Theologen Menno Simons (1496 – 1561) gegründet, und in ihr sammelten sich nach der Tragödie des Täuferreichs im westfälischen Münster im Jahr 1535 die friedliebenden Täufer. Heute zähle sie rund zwei Millionen Gläubige in rund 80 Ländern, ergänzt Ummel. In der Schweiz existieren derzeit 13 mennonitische Gemeinden mit etwa 1800 bis 2200 Personen, davon fast 1200 im Jurabogen. Gotteshäuser findet man sowohl in der Deutschschweiz als auch in der französischsprachigen Schweiz.

Mitgliederzahl eher rückläufig

Fünf Jahrhunderte nach ihrer Ankunft sind die Taufer aber immer noch in den Landschaften des Berner Juras und des Emmentals präsent. Der 500. Jahrestag der Bewegung, deren Geschichte von Exil und Verfolgung geprägt ist, wurde am 29. Mai in Zürich begangen. Tausende Gläubige, aus aller Welt, darunter auch Amerikaner, deren Vorfahren aus der Schweiz geflohen sind, nahmen an den Feierlichkeiten teil. Das Engagement für Frieden und Versöhnung in der Welt ist heute eines der zentralen Anliegen der Täuferbewegung. Die christliche Täuferbewegung definiert sich als eine der historischen Friedenskirchen.

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