Seelsorge - Beratung - Begleitung - page 5

Sinn von professionell dafür ausgebildeten Seel-
sorgerinnen und Seelsorgern, Beratung von Mit-
arbeiterinnen und Mitarbeitern in Sozialdiakonie
und Katechetik, Begleitung von Besuchsdiensten,
nachbarschaftlichen Netzwerken und in kirchli-
chen Treffpunkten und Gruppen.
In diesen unterschiedlichen Unterstützungsange-
boten geht es immer wieder um das „Einander“,
das Gemeinde in einem christlichen Sinn aus-
zeichnet, um „Koinonia“, Gemeinschaft, Zusam-
menarbeit und Solidarität. Auch diese Koinonia
ist eine Gestaltungsaufgabe. Es kommt sehr
darauf an, wie in einer Landeskirche oder einer
einzelnen Kirchgemeinde Entscheide gefällt,
Gelder verteilt, Räume genutzt und auch andere
Infrastrukturen zur Verfügung gestellt werden.
Kirchgemeinderäte und Kirchenleitungen tragen
in einem weiten Sinn also auch Verantwortung
für das Angebot und die Qualität von Seelsorge,
Beratung und Begleitung in ihrem Bereich.
Dieses Verständnis von Seelsorge ist am Lebens-
raum heutiger Menschen orientiert. In diesem
Lebensraum spielt das örtliche, nahe Umfeld,
also auch eine Kirchgemeinde, immer noch eine
grosse Rolle. Diese Menschen sind aber zuneh-
mend mobil und vernetzt, suchen sich Angebote
und Dienstleistungen auch regional und überre-
gional, wählen aus, gewichten und vergleichen.
So ist Koinonia nicht an die „Kirche im Dorf“
gebunden. Sie ereignet sich multizentrisch, an
vielen Orten gleichzeitig: im Büro der sozialdia-
konischen Mitarbeiterin, in der Intensivstation
des Zentrumsspitals, wenn der Seelsorger einen
kurzen Besuch macht, in der Männergruppe der
regionalen Eheberatungsstelle, auf der Gasse,
wo Suppe geschöpft und gelöffelt wird.
In einer koinoniazentrierten Sicht von Seelsorge
werden also professionell verantwortete Seelsorge
in einem engeren Sinn, qualifizierte Lebensbera-
tung und alltagsnahe, gegenseitige mitmenschli-
che Unterstützung zusammen gesehen. Gemein-
de als Subjekt der Seelsorge lebt von allen die-
sen Formen des „allälon“, des Miteinanders.
Viele Menschen leisten also einen Beitrag dazu,
dass Kirche als Ganze zur seelsorglichen Kirche
werden kann: Freiwillige, professionell ausgebil-
dete Beraterinnen und Berater, Seelsorger und
Seelsorgerinnen. So kann Seelsorge in einem
weiten Sinn auch als ein Projekt verstanden und
betrieben werden, zu dessen Gelingen viele un-
terschiedliche Menschen in der Kirche ihren
Beitrag leisten. Dabei ist es wichtig, Gemein-
samkeiten der Dienste zu erkennen. Diese liegen
darin, wie Koinonia umgesetzt wird: mit Ver-
ständnis und Einfühlungsvermögen, Respekt vor
dem Anderssein des anderen, mit geschärften
Ohren auch für „leise Stimmen“ und der Bereit-
schaft, sich auf existentielle Themen einzulas-
sen. Ebenso wichtig ist aber auch, dass die Un-
terschiede nicht nur toleriert, sondern profiliert
und die Stärken von Seelsorge, Beratung und
Begleitung in der Kirche ausgespielt werden.
Nicht gegeneinander, sondern miteinander, ne-
beneinander, nacheinander und durcheinander
spielen Seelsorge, Beratung und Begleitung
zusammen, zum Wohl aller Menschen.
Prof. Christoph Morgenthaler
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