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Dossier —– ENSEMBLE 2017/15

Dr. phil. Ursina Jud Huwiler ist Leiterin

des Ressorts Arbeitsmarktanalyse und Sozial-

politik beim Staatssekretariat für Wirtschaft

(seco). Sie erklärt, in welchem Umbruch

sich die Arbeitswelt befindet und was dies

für die Arbeitnehmenden bedeutet.

Interview von Adrian Hauser

Frau Jud Huwiler, die Arbeitswelt befindet sich in

einem strukturellen Wandel. Können Sie uns er-

klären, wie sich die Arbeitswelt im Vergleich zu

der unserer Eltern verändert hat?

Es gab zwar überall Veränderungen, aber je

nach Beruf und Branche mehr oder weniger star-

ke. Tendenziell ist die Arbeitswelt – nicht zuletzt

infolge der Einführung der Büroautomation und

des Internets – vernetzter und flexibler geworden.

Das Modell der Stelle auf Lebenszeit gehört der

Vergangenheit an. Gleichzeitig haben Teilzeitmo-

delle stark an Bedeutung gewonnen. Die Arbeits-

welt hat sich zudem globalisiert – Sprachkennt-

nisse werden wichtiger. Weiter ist die Arbeitswelt

spezialisierter geworden. Es braucht immer mehr

spezifische Ausbildungen für spezifische Funk­

tionen.

Was bedeutet das für die Arbeitnehmenden? Die

müssen sich an die neuen Bedingungen ja irgend-

wie anpassen.

Ganz grundsätzlich ist es wichtig, dass man

mit diesen veränderten Bedingungen mitgeht.

Hier denke ich vor allem an die Qualifikation. Neh-

men wir als Beispiel Bürofachkräfte in den 80er-

oder 90er-Jahren. Vor dieser Zeit gab es noch keine

Personal Computer in den Büros, und «plötzlich»

kamen diese. Was war zu tun? Man musste sich

weiterbilden. Es ist wichtig, dass Arbeitnehmende

mit den Entwicklungen Schritt halten.

Es braucht heute also mehr Weiterbildungen und

mehr Flexibilität in der Arbeitszeitgestaltung?

Ja, in diese Richtung geht die Entwicklung.

Wobei die flexiblere Arbeitszeitgestaltung auch

Chancen bietet. Heute gibt es viel mehr Möglich-

keiten, Arbeit und Familie unter einen Hut zu

bringen, als früher. Das Internet erlaubt es zudem,

ortsunabhängig zu arbeiten.

Können Sie uns sagen, in welchen Branchen und

Berufen es stärkere und in welchen es weniger

Veränderungen gab?

Um beim Beispiel vom Büro zu bleiben: Vor

drei, vier Jahrzehnten gab es noch das Berufs­

profil der Stenografinnen oder der Datatypistin-

nen. Das ist heute passé. Anderseits sind aber

neue Berufsprofile entstanden. Ein Paradebeispiel

dafür sind die IT-Berufe, die in den letzten Jahren

eine Zuwachsrate von durchschnittlich vier Pro-

zent pro Jahr verzeichnen. Das sind richtige

Boom-Berufe.

Es gibt mehr Hilfsmittel und dadurch wird alles

auch immer schneller.

Die strukturellen Veränderungen in der Ar-

beitswelt haben eigentlich immer ein Ziel: die

«PRODUKTIVITÄTS-

STEIGERUNG

FÜHRT

ZU NEUEN STELLEN»

ARBEITSMARKTANALYSE

L’AUGMENTATION DE LA PRODUCTIVITÉ

AMÈNE DE NOUVELLES PLACES

ANALYSE DU MARCHÉ DU TRAVAIL

Berichte des Bundesrats

Aktuell analysiert der Bund die Auswirkungen und Herausfor-

derungen der Digitalisierung für die Schweizer Wirtschaft und

Gesellschaft. Ende Dezember 2016 veröffentlichte der Bundesrat

einen Bericht zu den Rahmenbedingungen für die digitale Wirt-

schaft. Im Zentrum stehen hier Themen wie Sharing Economy,

Regulierung und auch der Arbeitsmarkt. Im Herbst 2017 wird

der Bundesrat einen Folgebericht zu Grundsatzfragen im Ar-

beitsmarkt vorlegen und über allfälligen Handlungsbedarf in-

formieren.