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ENSEMBLE 2016/9 —– Dossier

Zur ersten These: Die Reformation vor bald

500 Jahren war eine politische und theologische,

vor allem aber auch eine spirituelle Bewegung.

Ihre zentrale Frage war die nach der richtigen

Gottesverehrung. Die Gestaltung des Gottesdiens-

tes und die persönliche Frömmigkeit waren

deshalb das vordringliche Thema. Dafür drei Bei-

spiele: In der ersten These zur Berner Disputation

von 1528 steht, dass die Kirche «aus dem Wort

Gottes geboren» ist und alles christliche Leben

deshalb auf die Bibel bezogen sein muss. Weil

man die Messe als «schriftwidrig» empfand,

wurde sie abgeschafft. Und da man der Überzeu-

gung war, dass die Verehrung von Bildern dem

Alten und dem Neuen Testament widerspricht,

wurden Statuen und Gemälde aus den Kirchen-

räumen entfernt.

Die Reformatoren Zwingli und Calvin setzten

dabei unterschiedliche Akzente. Huldrych Zwingli

verbannte bekanntlich Orgel und Kirchengesang

aus dem Gottesdienst. Und dies, obwohl er von

allen Reformatoren der musikalischste war. Er

schrieb dazu: «Es ist gegen alle menschliche Ver-

nunft, zu glauben, man könne in grossem Getöse

und Lärm gesammelt und andächtig sein.» «Ge-

sammelt» und «andächtig», das sind die Schlüs-

selbegriffe für Zwinglis Gottesdienstverständnis.

Der Zürcher wollte den Gottesdienst von allem

Die Reformation

war auch

eine spirituelle

Bewegung.

La Réforme était

aussi un mouvement

spirituel.