ENSEMBLE Nr. / N° 70 - Juli / Juillet 2023

10 Dossier —– ENSEMBLE 2023/70 Iwan Schulthess ist Synodalrat und als solcher Vorsteher des Departements Theologie. Er erklärt die Idee hinter dem Entwurf des neuen Stellenbeschriebs, zu dem sich die Pfarrschaft an den bevorstehenden Konferenzen einbringen kann. Von Adrian Hauser Was erwartet die Leute an den Pfarrkonferenzen? Wir wollen den Pfarrpersonen ein neues Modell für die Stellenbeschriebe vorstellen. Der bisherige Entwurf zeigt auf, in welche Richtung es gehen könnte. An den Pfarrkonferenzen möchten wir die Anliegen und Rückmeldungen der Pfarrschaft aufnehmen. Der Stellenbeschrieb befindet sich momentan in einer Entwicklungsphase und wir suchen an den Konferenzen bewusst das Gespräch mit jenen Personen, die dieser neue Stellenbeschrieb auch betrifft. Aufgrund dieser Rückmeldungen wird der Stellenbeschrieb überarbeitet und geht danach in den Synodalrat. Dieser wird den Stellenbeschrieb letztendlich verabschieden. Dann hat die Pfarrschaft also die Gelegenheit, das Endresultat zu beeinflussen? Ja, natürlich. Wir möchten auf sie hören und sind sehr an einer engen Kooperation mit ihnen interessiert. Was ist denn der Hauptteil dieses neuen Stellenbeschriebs? Wir wollen die Pfarrschaft mit dem neuen Stellenbeschrieb in ihrem Gestaltungsfreiraum stärken. Wir wollen dem Pfarramt mehr Freiheit für dessen Ausgestaltung zurückgeben. Dies unter den beiden Stichworten Freiheit und Eigenverantwortung. Der Berufungscharakter, also der Professionscharakter, soll dabei hervorgehoben werden. Was muss man konkret unter dem Professionscharakter verstehen? In der Ordination gelobt eine Pfarrerin und ein Pfarrer, die Botschaft von Jesus Christus aufgrund der Heiligen Schrift nach bestem Wissen und Gewissen öffentlich zu verkünden und zu bezeugen, dass diese für alle Bereiche des öffentlichen Lebens, in Staat und Gesellschaft, Wirtschaft und I N T E R V I EW «Die Attraktivität des Pfarramts steigern» Kultur gilt. Profession meint, dass man seine Aufgabe innerhalb dieser Berufung und Verpflichtung versteht und lebt. Als ordinierte Pfarrperson steht man stets in einem grösseren Kontext und muss dies eigenverantwortlich leben und gestalten können. Freiheit ist ein Thema im neuen Stellenbeschrieb. Warum ist dies so wichtig? Damit man auch eigene Akzente setzen kann? Ja, dass man eigene Akzente setzen, aber auch seiner inneren Stimme und Verantwortung folgen kann. Als Pfarrperson folgt man nicht bloss einem Pflichtenheft vorgesetzter Stellen, aber auch dem, was einem der persönliche Glaube gebietet. Hat diese Freiheit auch Grenzen? Sie hat insofern Grenzen, als es auch Erwartungen der Kirchgemeinde an das Pfarramt gibt. Das nimmt dieses Modell ebenfalls auf, reguliert es aber auch. Beim vorgelegten neuen Stellenbeschrieb handelt es sich um ein sogenanntes Präsenzstundenmodell. Festgehalten werden die Präsenzzeiten beispielsweise für Gottesdienste, Besuche oder Kasualien. Zu jeder Präsenzstunde wird jeweils eine Stunde für die Vorbereitung und Nachbearbeitung hinzugerechnet. Neben der Präsenzzeit steht die Zeit für Vorbereitung, Nacharbeit oder zur Erarbeitung. Wie man diese zur Präsenzzeit zusätzlichen Stunden ausgestaltet, ist jeder Pfarrperson individuell überlassen. Als Pfarrperson muss man beispielsweise nach einem Seelsorgegespräch das Erlebte reflektieren oder man muss sich von Texten inspirieren lassen, um für das Amt fit zu bleiben. Zusätzlich fallen auch Büroarbeiten an. Es prallen bei einem solchen Amt sicher auch viele Ansprüche aufeinander. Wir verstehen das Pfarramt als Kaderstelle und es wird ja auch dementsprechend entlöhnt. Jede Kaderstelle beinhaltet auch eine hohe Eigenverantwortung. Wir haben den Stellenbeschrieb den Sektionspräsidien des Pfarrvereins bereits vorgestellt und erste Stellungnahmen eingeholt. Es ist als ein sehr partizipativer Prozess? Ja. Jetzt ist der Moment, auf den Entwurf zu reagieren, sich einzubringen und mitzugestalten.

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