ENSEMBLE Nr. / N° 65 - Mai / Mai 2022

34 Kreuz und quer —– ENSEMBLE 2022 /65 tagsbegleiter treffen und austauschen zu können. Gut 50 solcher Begleitungen haben wir bereits. Unsere Begleiterinnen und Begleiter haben oft die Rolle der einzigen Ansprechperson für persönliche Themen und Anliegen. Zum Beispiel: «Soll ich mein Kopftuch ablegen, weil mir alle sagen, dass ich so mehr Chancen auf eine Lehrstelle habe?» Genauso oft geht es in den Begleitungen aber auch um konkrete Unterstützung im Alltag, beispielsweise in der Kommunikation mit Behörden. Alireza setzt sich mit der Berufswahl auseinander. Polymechaniker würde ihn interessieren, aber das sei schwierig, haben ihm Kollegen gesagt. Mit seinen Eltern, die unter prekären Bedingungen im Iran leben, kann er sich darüber kaum unterhalten. Konkrete Hilfe Mazay ist als Verein 2018 entstanden. Schon die Gründung wurde von den Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn unterstützt. Ende 2021 entschied die Fachstelle Migration, Mazay mit dem Förderpreis, der mit 5000 Franken dotiert ist, auszuzeichnen. Der Beitrag hilft uns unter anderem, ÖV-Tickets zu finanzieren, zum Beispiel für Geflüchtete, die bis zu ihrem Asylentscheid als Freiwillige im Café mitwirken. Alireza sitzt ein paar Wochen später erneut im Café. Er musste sich einige Zeit gedulden; es gibt eine Warteliste für Alltagsbegleitungen, weil wir viele Anmeldungen erhalten. Nun trifft er sich mit Lea. Die 30-jährige Studentin hat von Freunden von Mazay erfahren und sich gemeldet, weil sie mithelfen wollte. Die Aussicht, eine Person längerfristig zu begleiten, fand sie interessant. Beim Erstgespräch verstehen sich Alireza und Lea gut. Sie finden heraus, dass beide sportbegeistert sind. In den Tagen nach dem Gespräch melden uns beide, dass dieses Matching für sie stimmt. Sie wollen sich künftig regelmässig treffen. Alireza gibt es wirklich. Wir haben aber seinen Namen geändert und die Angaben leicht verfälscht, um seine Anonymität zu gewährleisten. Öffnungszeiten des Cafés Montag–Donnerstag, 14–18 Uhr, Beundenfeldstrasse 13, Bern * Geschäftsleiter des Vereins Mazay Ein Einblick in die Arbeit der Freiwilligengruppe Mazay, die mit dem Förderpreis 2021 der Fachstelle Migration der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn ausgezeichnet wurde. Von Dominik Galliker* Alireza wird bald 18 Jahre alt. Kein Grund zum Feiern. Der junge Afghane wirkt besorgt, als er zum ersten Mal bei uns im Mazay-Café sitzt. Er ist ohne Familie nach Europa gereist und ist seit knapp einem Jahr in der Schweiz. Aktuell wohnt er in einem Asylzentrum für unbegleitete Minderjährige. Noch. Mit dem 18. Geburtstag wird er umziehen müssen – in eine WG mit drei ihm fremden Männern, in die Strukturen für Erwachsene mit weniger Betreuung. Darauf will er sich vorbereiten. Niederschwellige Anlaufstelle Wir freuen uns, wenn Menschen wie Alireza den Weg zu Mazay finden. Wir sind ein Verein, bei dem sich rund 90 Freiwillige dafür engagieren, dass sich Menschen, die neu nach Bern kommen, hier wohlfühlen. Das Café nahe dem Viktoriaplatz ist eine niederschwellige Anlaufstelle – man kann hier Freunde treffen, Zeit verbringen, erhält aber auch Unterstützung bei Administrativem. Und man kann sich, so wie Alireza, für eine Alltagsbegleitung anmelden. Eine Bezugs- und Vertrauensperson würde ihm helfen, meint Alireza. Es würde ihm mehr Sicherheit geben, sich regelmässig mit einer Alltagsbegleiterin oder einem AllF Ö R D E R P R E I S F A C H S T E L L E M I G R A T I O N Freiwillige wollen zu gutem Start verhelfen Weitere Informationen: www.mazay.info Präsidentin Pinar Akan und Geschäftsleiter Dominik Galliker. La présidente Pinar Akan et le directeur général Dominik Galliker. © Adrian Hauser

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