ENSEMBLE Nr. / N° 35 - Januar / Janvier 2019

21 ENSEMBLE 2019/35 —– Fokus ursachen. Man spricht von einer Sekundären Trau­ matisierung. Àdàm Bodò rät daher, auf die eigenen Kräfte und die Befindlichkeit zu achten: «Es ist wichtig, dass man sich mit jemandem austau­ schen kann und einen Ausgleich für sich findet.» Personen, die sich neu als Freiwillige einsetzen möchten, rät der Psychotherapeut, das Engage­ ment passend zur eigenen Stabilität und Agenda auszuwählen: «Es gibt viele Bereiche, in denen man Geflüchtete unterstützen kann. Auch das ge­ meinsame Fussballspiel kann enorm viel bewir­ ken.» Das eigene Wohlbefinden sei zentral: «Geht es uns nicht gut, können wir anderen nicht gut helfen.» vertrautes Verhältnis. «Sie können eine Behand­ lung empfehlen und erklären, dass es sich um ein ärztliches Gespräch mit Schweigepflicht und nicht um eine Anhörung handelt.» Traumatherapien werden von der Grundversicherung der Kranken­ kasse bezahlt. Allfällige Kosten für einen Dolmet­ scher sind jedoch nicht abgedeckt. Dafür müssen individuell Lösungen gesucht werden. Stabilisierung durch soziale Unterstützung Für die Stabilisierung traumatisierter Geflüchteter sind die Begleitung durch Freiwillige und die An­ gebote von Kirchgemeinden besonders wertvoll. Sie geben den Betroffenen ein soziales Umfeld. Im Umgang mit traumatisierten Menschen sei es wichtig, ihre Stressreaktionen anzunehmen und zuzulassen, dass die Bedürfnisse nach Nähe und Distanz, Reden und Schweigen stark schwanken können, rät Àdàm Bodò. Die Würde der Patien­ tinnen und Patienten könne man stärken, indem man ihnen Glauben schenkt und geschehenes Un­ recht anerkennt und aktiv benennt. Geduldiges Da-Sein und das empathische Aushalten der schwierigen Situation gemeinsam mit der betrof­ fenen Person seien eine grosse Unterstützung. Sich selber schützen Die Begleitung von traumatisierten Personen ist eine herausfordernde Aufgabe und kann sehr be­ lastend sein. Tatsächlich ist es möglich, dass die schlimmen Erlebnisse des Gegenübers auch bei der zuhörenden Person Traumasymptome ver­ Dr. med. Àdàm Bodò führt die Praxis zum Schwarzen Schaf in Bern. Er ist unter anderem auf Therapien im Migrationsbereich und Trau­ matherapie spezialisiert. www.praxis-zum-schwarzen-schaf.ch Das Ambulatorium für Folter- und Kriegs­ opfer des Schweizerischen Roten Kreuzes hat im August 2018 eine Broschüre zum Thema Traumata bei Geflüchteten veröffentlicht. Sie informiert umfassend und leicht verständlich über die Krankheitsbilder, den Umgang mit traumatisierten Personen und Adressen, an die sich Betroffenen wenden können. www.migesplus.ch > Publikationen > wissen-verstehen-handeln ©Keystone / imageBroker /Florian Bachmeier Die Aufarbeitung des Geschehenen dauert häufig mehrere Jahre: Traumatisiertes Flüchtlings- mädchen aus Afghanistan. Il faut souvent plusieurs années pour faire face à ce qui s’est passé: une réfugiée trau- matisée provenant d’Afghanistan.

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