ENSEMBLE Nr. / N° 27 - April / Avril 2018

21 ENSEMBLE 2018/27 —– Fokus Leitung heisst Kommunikation Das A und O der Leitung ist klare und offene Kom­ munikation und Zuhören. Das klingt banal, ist aber trotzdem richtig und im Alltag schwierig umzusetzen. Nur wer weiss, was von ihm erwartet wird, kann sich entsprechend dazu verhalten. Nur wer zugehört und verstanden hat, was die anderen antreibt und was sie zu ihrem Handeln bewegt, wird auch sachgerechte Entscheidungen treffen können. Gerade in schwierigen Situationen ist die Versuchung gross, sich auf Entscheidungskompe­ tenzen zu berufen und taktisch zu kommunizie­ ren. Aber gerade dann sind möglichst umfassende Transparenz und Zuhören unerlässlich. Wir alle können Entscheidungen, die unseren Interessen und Überzeugungen widersprechen, eher akzep­ tieren, wenn wir das Gefühl haben, dass wir ge- hört worden sind. Nicht gehört werden entmutigt, führt zum Rückzug und damit auch zum Scheitern der Leitung – selbst wenn sie sich scheinbar durch­ setzen kann. Vom Dirigenten lernen Eine eindrückliche Leitungserfahrung an der Tagung war das gemeinsame Singen. Dirigieren heisst ja auch, mit den Stimmen etwas zu ge­ stalten, die da sind, und nicht mit den idealen Stimmen, die man gerne hätte. Manchmal ge­ schieht das mit klaren Anweisungen, meist aber nur mit behutsamen Gesten, um den Zusam­ menklang der Stimmen zu fördern und die Einzel­ nen zu ihrer Stimme zu ermutigen. Das Ge­ meinsame ist das Lied, das vielstimmig erklingen soll. Vertrauenskultur Kirchliche Leitung kann von modernen sozial­ wissenschaftlichen Leitungs- und Führungskon­ zepten lernen, wenn sie diese in Dialog bringt mit ihrem geistlichen Auftrag und offen bleibt für die Leitung durch den Geist. Besonders hilfreich sind Führungskonzepte, die davon ausgehen, dass Lei­ tende die Kultur durch ihr eigenes Verhalten mass­ geblich prägen (Servant Leadership). Führung und Leitung muss auf Vertrauen basieren. Auf dieser Basis sind Ermächtigung (Empowerment), An­ erkennung (Recognition) und Zusammenarbeit (Collaboration) die zentralen Aufgaben von Lei­ tung. Sie ermutigt und befähigt zu eigenständi­ gem Handeln, sie vermittelt Anerkennung durch konkrete und wertschätzende Rückmeldungen und sie unterstützt gemeinsames Handeln und gemeinsame Ziele. Es braucht zwar klare und transparente Rege­ lungen für Konflikte und kritische Situationen, aber sie dürfen nicht das Gelingende, die Kreativi­ tät und den Mut zum Experiment ersticken. Wenn wir den Blick auf Szenen gelingender Leitung richten, können wir daraus lernen. Es dürfte sich zeigen, dass Leitung vor allem dann gelingt, wenn sie Vertrauen aufbaut, offene Kommunikation pflegt und Verständigung anstrebt. Konflikte sind dabei ein Weg zur Klärung und Verständigung und dürfen nicht vermieden und unterdrückt werden. Leitung gelingt, wenn die in den Ämtern Tätigen Vertrauen spüren, Freiräume zur Gestal­ tung haben und wahrgenommen werden. Das setzt aber voraus, dass man sich über die gemein­ same Aufgabe verständigt. ©Sonja Gerber-Aebischer Leitung in der reformierten Kirche wird von der Basis auf Zeit verliehen. Dans l’Eglise réformée, c’est la base qui délègue le leadership.

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