ENSEMBLE Nr. / N° 72 - Dezember / Décembre 2023

33 ENSEMBLE 2023/72—– Kreuz und quer © Christiane Elmer INTERRELIGIÖSE TAGUNG Die Religionen im Dienste des Friedens Auf dem Programm der diesjährigen Ausgabe der Woche der Religionen stand eine Reihe von Veranstaltungen, darunter die interreligiöse Tagung Anfang November 2023 im Zentrum Bruder Klaus in Biel. Von Christiane Elmer Um die 80 Personen mit unterschiedlichen kulturellen, religiösen und konfessionellen Hintergründen nahmen am Treffen teil, das um das Thema «Die Religionen im Dienste des Friedens» kreiste. Das ist ein Thema, das Kritiker jeglicher Religionen durchaus als provokant einschätzen könnten. Angesichts der aktuellen Weltlage mit verschiedenen eskalierenden Auseinandersetzungen könnte man tatsächlich ins Grübeln geraten. Um sich darüber auszutauschen, wurde die interreligiöse Tagung von verschiedenen Kirchen, religiösen Bewegungen und Vereinigungen organisiert: der Runde Tisch der Religionen Biel, Iras Cotis, die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn, die Römisch-Katholische Kirchgemeinde Biel und Umgebung, Tasamouh (Islam), Iskon (Hare Krishna), die Vereinigung für den universellen Frieden, Gurdwara Sahib (Sikhs) und die Schweizerische Gesellschaft für die spirituelle Begleitung (SSA). Die Tagung wurde von der Stadt Biel unterstützt sowie von vielen weiteren Gemeinschaften und Institutionen aus Biel und dem Kanton Bern. Letztlich war es dieses gemeinschaftliche Engagement, das den breit angelegten Dialog rund um die Religionen und den Frieden möglich machte. Referate und Workshops luden zum kreativen Umgang mit dem Thema ein. Die Gespräche kreisten um Liebe, das Vergeben und den Frieden. Auch wenn diese Konzepte in den verschiedenen Traditionen anders gelebt werden, so bilden sie doch einen grundlegenden Aspekt sämtlicher heiliger Schriften. Kein Friede ohne sozialen Frieden Die Beiträge der Persönlichkeiten aus Religion, Wissenschaft, Politik und der Zivilgesellschaft legten den Schwerpunkt auf die zentrale Herausforderung des religiösen Handelns: dem Frieden zu dienen. Einem Frieden, der nicht denkbar ist ohne soziale Gerechtigkeit, ohne Respekt vor Werten und ohne Anlaufstellen, die auf Dialog, Information und Bildung ausgelegt sind. Frieden kann nur dann gefördert werden, wenn alles dafür getan wird, Diskriminierung, politische und soziale Ungerechtigkeit sowie jegliche Form der UnterdrüD ckung auszuschliessen. Geschieht dies nicht, besteht die Gefahr, dass Gewalt als die einzige Antwort – die einzige praktikable Antwort – auf das tiefsitzende Gefühl von Ungerechtigkeit angesehen wird. Angela Ullmann, Mediatorin und Assistentin für den Studiengang «Interreligiöse Studien» an der Universität Bern, erinnerte gestützt auf ihre Arbeiten daran, dass Religion in erster Linie «ein Referenzsystem ist, das darauf abzielt, Ordnung ins Chaos zu bringen. Es existieren Spannungen, die in religiöse Konflikte ausarten, andere wiederum weisen einen Bezug auf zur religiösen Identität. Es gibt aber auch Konflikte, die überhaupt keinen religiösen Hintergrund aufweisen. Wir stellen fest, dass die Hälfte der bewaffneten Konflikte eine religiöse Komponente aufweist.» Das Zusammenleben einer ganzen Reihe von Religionen und Gemeinschaften auf einem beschränkten Territorium birgt explosives Potenzial. Zusammen sprechen Mit der Ankunft von Personen aus anderen Kulturen und Religionen haben sich Gruppen, Netzwerke und Plattformen für den interreligiösen Dialog herausgebildet. In der Schweiz gibt es zahlreiche staatliche oder private Gruppierungen, die den Austausch von und mit Personen mit Migrationshintergrund anbieten. Sie entsprechen damit einem echten Bedürfnis. Es wird darauf geachtet, sämtliche religiösen Traditionen gleich zu behandeln, die Unterschiede, die das Gegenüber ausmachen, positiv aufzunehmen und keine Integration anzustreben, die nur nach aussen gut aussieht. Befürwortet wird vielmehr eine Integrationsstrategie, die auf das Kennenlernen des Anderen, den Dialog, die soziale Abstimmung, gemeinsame Aktivitäten und Projekte sowie auf eine repräsentative und echte Sichtbarkeit bei den lokalen Behörden setzt. V. l.: Ann-Katrin Gässlein, Ressort Kultur und Bildung, Katholische Cityseelsorge St.Gallen (Moderatorin), Ursula Marti, Synodalrätin Refbejuso und Grossrätin Kanton Bern (SP), Naïma Serroukh, Geschäftsführerin des Vereins Tasamouh, David Leutwyler, Beauftragter für kirchliche und religiöse Angelegenheiten im Kanton Bern.

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