ENSEMBLE Nr. / N° 54 - Dezember / Décembre 2020

22 Dossier —– ENSEMBLE 2020/54 Ich erlebe die Metalheads als friedliche Zeitge­ nossen. Vielleicht auch gerade deshalb, weil sie ein Ventil für ihre Emotionen und ihren Welt­ schmerz haben. Passen Metal und Christentum überhaupt zu­ sammen? Natürlich! Die Grundzüge des Metals sind für mich vergleichbar mit dem Kern des christlichen Lebens und Glaubens. Die Suche nach Ehrlichkeit und Authentizität, die Gemeinschaft, das leiden­ schaftliche Leben – diese Aspekte decken sich. Sicher gibt es auch Belange, die sich «beissen». Licht und Schatten gibt es aber auch beim tradi­ tionellen reformierten Kirche-Sein. Ich erlebe das Zusammenspiel von Metal und Christentum grundsätzlich als befruchtend. Wie findet der christliche Glaube einen authen­ tischen Ausdruck in der Metal-Szene? In der Art, wie Beziehungen gelebt werden, wie wir miteinander umgehen. Aber auch dahin­ gehend, dass die Metal-Szene für das ganze Spek­ trum menschlicher Emotionen und Erlebnissen «Töne» zur Verfügung hat. Von fein bis brachial. Ist die Metalchurch auch diakonisch tätig? Auf jeden Fall! Wir haben das «Offene Ohr», ein Angebot in den Bereichen Beratung, Beglei­ tung und Seelsorge. Und am Greenfield-Festival in Interlaken sind wir jeweils mit der «Ansprech­ Bar» präsent, einem Seelsorgeangebot. Auf Anfang 2021 schaffen wir zudem zusätzlich zur bestehen­ den Pfarrstelle eine Diakoniestelle. Die Metalchurch lebt eine neue Form der kirch­ lichen Präsenz in der Gesellschaft und wirkt über die herkömmliche territoriale Struktur hinaus. Was können neue Projekte von der Metalchurch lernen? Sie können von unserem Weg und unseren Er­ fahrungen profitieren. Von dem, was wir erlitten und errungen haben. Da gibt es ganz viele Details, die wesentlich sind und die wir gerne teilen. Das Wichtigste vorab: Es braucht einen langen Schnauf! Es ist nicht einfach, aber es kann gelin­ gen, wenn man sich mit Leidenschaft und nicht allein auf den Weg macht. Es benötigt Geduld und Vertrauen. www.metalchurch.ch «Die Metalchurch ist authentisch und echt, Äusserlichkeiten spie­ len keine Rolle. Sie ist der Ort, wo ich auftan­ ken kann. Ich darf sein, wer ich bin, und fühle mich angenommen. Ausserdem kann ich über Schwieriges spre­ chen, über Schmerzen und Glaubenskrisen – aber auch über Schönes.» Bernie aus Wimmis (52), seit über 30 Jahren ein Metaller ❖❖❖ «Obwohl die klassische Musik meine kulturelle Heimat ist, wollte ich mir die Band ‹Mirayon› anhören. Der Freund meiner Tochter ist ihr Keyboarder. Ich wollte auch Metalpfarrer Sa­ muel Hug erleben. Mir gefällt, wie hier Ge­ meinschaft gelebt und Gottesdienst gefeiert wird. Ob per Kirchenkantate oder mit Rockgi­ tarre und Schlagzeug – es ist und bleibt der gleiche Gott, den wir lobpreisen.» Martin aus Konolfingen (56), kein Metaller – sondern ein Klassiker ❖❖❖ «Die Metalchurch ist für mich Heimat. Hier muss ich die lauten Töne we­ der erklären noch ver­ teidigen. Und ich kann meinen Glauben leben, ohne ihn andauernd rechtfertigen zu müs­ sen. Es ist ein Ort, an dem ich Freunde treffe und neue Menschen kennenlerne. Mir gefällt, dass sich die Metal­ church immer weiterentwickelt.» Brigitte aus Brittnau (34), Rock- und Metal-Bassistin «Das Zusammenspiel von Metal und Christen- tum ist befruchtend.»

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