ENSEMBLE Nr. / N° 52 - Oktober / Octobre 2020

21 ENSEMBLE 2020/52 —– Dossier «Die Einzelnen stärken – Gemeinschaft suchen»: Das Projekt «Heiwäg Thun» der reformierten Gesamtkirchgemeinde Thun lebt den vierten Leitsatz der Vision ganz konkret. Von Mirjam Mäder und Sebastian Born* Die Fachstelle Jugend und Eltern der Reformierten Gesamtkirchgemeinde Thun hat das Projekt «Hei­ wäg Thun» nach 2019 dieses Jahr bereits zum zwei­ ten Mal durchgeführt. Kinder und Jugendliche ab der 6. Schulklasse werden in Gruppen an einem unbekannten Ort, 50 Kilometer von Thun entfernt, ausgesetzt. Ganz auf sich allein gestellt, versuchen die Gruppen mit Karte, Kompass und 20 Franken pro Person, aber ohne Handy und Transportmittel, in drei Tagen den Heimweg nach Thun zu finden. Ein Hotel zum Übernachten gibt es nicht. Ent­ weder übernachten die Gruppen im Freien oder organisieren eine Übernachtungsmöglichkeit. Das Projekt soll die Selbstwirksamkeit und Par­ tizipation der Kinder und Jugendlichen fördern. Sie müssen sich selbständig in der Gruppe orga­ nisieren, argumentieren und gemeinsam Ent­ scheidungen treffen, um den Weg nach Thun aus­ findig zu machen, einen Schlafplatz zu finden und das Essen zu organisieren. Auch der Umgang mit Finanzen und den eigenen Energiereserven wird gefördert. Denn die körperliche Anstrengung ist für viele herausfordernd. Die Jugendlichen lernen, aufeinander Rücksicht zu nehmen und sich gegen­ seitig zu unterstützen. Hochs und Tiefs Dieses Jahr starteten wir den «Heiwäg Thun» mit einer Gruppe von zehn Jugendlichen, drei erwach­ senen Begleitpersonen und zwei Hunden. Die Be­ gleitpersonen hielten sich dabei möglichst im Hintergrund und gaben nur die nötigsten Inputs. Die Jugendlichen wurden in Krauchthal an einem Waldrand ausgesetzt. Das Wetter war schön, aber es war sehr heiss und der Weg zurück nach Thun lag vorerst in weiter Ferne. Unsere Route führte zuerst durchs Emmental und dann der Aare ent­ lang Richtung Thun. Bereits nach dem ersten Tag machten sich Bla­ sen an den Füssen, Muskelkater, müde Glieder und Druckstellen vom Rucksacktragen bemerkbar. In diesen Momenten brauchen die Jugendlichen Kraft und Überwindung, um weiterzumachen und nicht aufzugeben. Solche Tiefs zu überwinden, am Abend beisammenzusitzen und über dem Feuer zu kochen, ist dann aber ein sehr schönes Gefühl. Unerwarteterweise waren für die Jugendlichen die drei Tage ohne Handy und Social Media kein Problem. Gut leben ohne Luxus Die Motivation, an einem solchen Projekt mitzu­ machen, ist unterschiedlich. Einige äusserten den Wunsch, gemeinsam mit Freunden ein Abenteuer zu erleben. Auch Langeweile in den Ferien war eine Motivation. Ein Jugendlicher wandert sehr gerne und kam deswegen mit, während ein ande­ rer Jugendlicher schon im letzten Jahr dabei war und es so cool fand, dass er gleich noch einmal teilnahm. Denn in diesen drei Tagen kann viel passieren, vieles ist unvorhersehbar – das ist das Spannende an diesem Projekt. Garantiert sind: Lagerfeuer, Übernachten unter freiem Himmel oder im Stroh, viele Stunden zu Fuss unterwegs sein, an die eigenen Grenzen kom­ men – und Muskelkater. Die Erlebnisse auf dem Weg und all die neuen Erfahrungen gehen nicht so schnell vergessen. Spannend ist es auch zu er­ leben, dass alles Wichtige zum Überleben in einem Rucksack Platz hat und es sich auch ohne Luxus gut leben lässt. Zu guter Letzt ist es ein wun­ derbares Gefühl, den «Heiwäg» in der Gruppe und mit eigenen Kräften geschafft zu haben. Für die Teilnehmenden war es auch dieses Jahr ein Erleb­ nis mit vielen positiven und spannenden Erinne­ rungen. H E I W Ä G T H U N Ein einmaliges Abenteuer * Fachstelle Jugend und Eltern, Reformierte Gesamt­ kirchgemeinde Thun ©  zVg Auf dem Weg von Krauchthal nach Thun: Muskelkater garantiert! Sur la route entre Krauchthal et Thoune: douleurs musculaires garanties!

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