ENSEMBLE Nr. / N° 43 - November / Novembre 2019

4 Dossier —– ENSEMBLE 2019/43 EINE IMPLIZIT POLITISCHE ROLLE KIRCHE UND POLITIK UN RÔLE POLITIQUE IMPLICITE ÉGLISE ET POLITIQUE Die ökumenische Herbsttagung 2019* vom 2. November stellt sich dieser Frage. State- ments von fünf Personen aus dem kirchlichen und dem politischen Umfeld, die an der Tagung auftreten werden. Von Daria Lehmann Dr. Felix Gmür, Bischof von Basel und Stiftungs­ präsident von Fastenopfer, sieht die politische Rolle der Kirche als implizierten Bestandteil der christlichen Religion an: «Man kann ethisch sein, ohne religiös zu sein; man kann politisch sein, ohne religiös und ethisch zu sein. Aber als ver­ antwortungsvoller katholischer Gläubiger kann man nicht religiös sein, ohne gleichzeitig ethisch und so auch implizit politisch zu sein.» Der mitt­ lerweile 53-Jährige studierte Philosophie, Katho­ lische Theologie und Kunstgeschichte und ist ein klarer Befürworter politischen Engagements der Kirche: «Die Kirche ist Teil der Gesellschaft. Es ist normal, dass sich Christinnen und Christen in die Politik einbringen.» Auch für Michel Müller, Kirchenratspräsident der reformierten Kirche des Kantons Zürich, ist die Kirche sozusagen «automatisch» politisch: «Die Kirche macht Politik, weil sie sich mit den Men­ schen beschäftigt.» Er selbst und die reformierte Kirche des Kantons Zürich hätten sich zum Beispiel im Rahmen der Volksabstimmung zu den Sonn­ tagsöffnungszeiten im Jahr 2013 klar gegen die Initiative gestellt, gemeinsam mit den Gewerk­ schaften. Auch, wenn es um eine Asylgesetzrevi­ sion oder um Sterbehilfe gehe, sei die Stimme der Kirche wichtig, weil diese aus dem Umgang mit Betroffenen wichtige Erfahrungen einbringen könne. Gut begründen In welchen Bereichen ist ein politisches Engage­ ment der Kirche «angebracht»? «Wenn wir direkt die Parole ergreifen, muss sehr klar ersichtlich sein, warum. Wir müssen unsere Position als Kir­ che gut begründen können», so Michel Müller. «Bei den Sonntagsöffnungszeiten war der Zusam­ menhang zur Kirche mit dem Sonntag als Ruhetag klar gegeben. Ansonsten aber, denke ich, ist es­ als Kirche gut, auch mal ‹gelassen schweigen› zu können.» Obwohl er selbst kein Mitglied einer Partei sei, habe er immer eine politische Meinung. «Ich bin so aufgewachsen und gebe das ebenfalls meinen Kindern weiter, dass die Politik im Alltag sehr wichtig ist.» Seine persönliche Meinung weiss er aber klar von der Meinung der Kirche abzugrenzen * Die Tagung wird organisiert vom Bereich OeME-Migration der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn, von der Fachstelle Kirche im Dialog der Katholischen Kirche Region Bern, der Offenen Heiliggeistkirche Bern, der Evangelisch-reformierten Landeskirche Zürich, Brot für alle. Sie findet am 2. November in der Pfarrei Dreifaltigkeit in Bern statt. «Die Kirche ist Teil der Gesell- schaft. Es ist normal, dass sich Christinnen und Christen in die Politik einbringen.» Dr. Felix Gmür ©zVg

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc3MzQ=