ENSEMBLE Nr. 4 - Dezember 2015 - page 13

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ENSEMBLE 2015/4 —– Dossier
Wasser ist ein öffentliches Gut und muss einer
öffentlichen Treuhandschaft unterstehen. Wir
brauchen Wasser zum Leben, und es muss verstan-
den werden, dass es den Menschen gehört, dem
Ökosystem und den künftigen Generationen. Re-
gierungen müssen für uns sorgfältig und treuhän-
derisch mit dem Wasser umgehen. Wasser darf
nicht für private Gewinne verwendet und es darf
nicht auf dem öffentlichen Markt gehandelt und
verkauft werden.
Wir in der Schweiz sind privilegiert: Die Wasser-
versorgungen befinden sich weitgehend in der
öffentlichen Hand und sauberes Trinkwasser ist
eine Selbstverständlichkeit. Welches könnte unser
Beitrag sein, damit weniger privilegierte Menschen
in anderen Regionen der Welt Zugang zu Wasser
erhalten?
Die Schweiz ist wie mein Heimatland Kanada
gesegnet mit Wasser. Damit tragen wir auch Ver-
antwortung, wir müssen sorgfältig mit der Res-
source umgehen und anderswo ebenfalls dafür
einstehen. Unsere Regierungen und Hilfsorgani-
sationen müssen das Recht auf Wasser überall auf
der Welt fördern. Das heisst öffentliche Dienstleis-
tungen im Bereich Wasser unterstützen, wo Län-
der Hilfe brauchen. Die Förderung der Privatisie-
rung von Wasserversorgungen im Ausland bei
gleichzeitigem Geniessen von Wasser von der
öffentlichen Hand daheim ist falsch.
Seit 2011 gibt es die Blue-Community-Initiative.
Die Initiative setzt sich ein für Wasser als öffent-
liches Gut und als Menschrecht. Nebst verschiede-
nen Blue Communities in Kanada und Brasilien
gibt es auch in der Schweiz vier davon: Stadt und
Universität Bern, die Kirchgemeinde Johannes in
Bern sowie die Gewerkschaft Syndicom. Warum ist
das Engagement der Blue Communities wichtig?
Ich hoffe, dass sich das Konzept der Blue Com-
munities überall auf der Welt verbreitet und bin
glücklich, dass die Schweiz die Idee bereits aufge-
griffen hat. Blue Communities erlauben uns, für
etwas zu sein und nicht nur gegen etwas. Es ist
zudem eine Möglichkeit für lokale Gemeinschaf-
ten, auf grass-root-level eigene Werte in Bezug auf
Wasser festzulegen. In Kanada gibt es eine kleine
Gemeinschaft in der Georgian Bay, wo alle – Res-
taurants, Hotels, Läden, Schulen – sich bereit er-
klärt haben, auf Flaschenwasser zu verzichten. Im
Umkreis von vielen Kilometern erhält man nir-
gends Flaschenwasser. Die Leute sind tief besorgt
– wie wir das auch sein sollten – über die Ver-
schmutzung der Grossen Seen mit Mikropartikeln
von Plastik.
Vor kurzem wurden als Nachfolge auf die Millen-
niumsziele die Nachhaltigkeitsziele deklariert.
Was erwarten Sie von ihnen, sind sie Schlüssel
dafür, dass alle Menschen Zugang zu sauberem
Wasser erhalten?
Wir kämpften hart, aber erfolgreich dafür, dass
das Recht auf Wasser und sanitäre Anlagen in die
neuen Nachhaltigkeitsziele aufgenommen wird.
Das heisst aber nicht, dass plötzlich alles gut ist
und jedermann Zugang zu sauberem Wasser und
sanitären Anlagen hat. Aber es ist eine Erklärung
der Familie der Menschen, dass niemand zusehen
sollen muss, wie seine Kinder wegen Mangel an
Wasser sterben, weil nicht Geld für die Bezahlung
von sauberem Wasser vorhanden war.
©Manu Friederich
Maude Barlow
in Bern.
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