ENSEMBLE Nr. / N° 67 - September / Septembre 2022

1 1 ENSEMBLE 2022 /67 —– Doss i er und Zusammenarbeit), zum Teil mit der Unterstützung von Alliance Sud. Kann HEKS in dieser Situation auch zivilgesellschaftliche Friedensinitiativen unterstützen? Das ist recht schwierig im Moment. Was wir machen können, findet auf der Ebene der Konfliktsensitivität unserer eigenen Interventionen statt. Darüber hinaus versuchen wir die Beziehungen zwischen der Gastbevölkerung und den Geflüchteten in den umliegenden Ländern mit lokaler Community-Bildung zu verbessern und zu stärken. Auf der Ebene des grossen Konflikts aber haben wir sehr beschränkte Möglichkeiten. Kannst du noch etwas zur Arbeit von HEKS in der Schweiz sagen? HEKS hat in der Schweiz zwei Interventionsstrategien gewählt: Nothilfe und Unterstützung bei der Integration. HEKS hat in der ersten Märzwoche die Vermittlung von Gastfamilien in den Bundesasylzentren Nordwestschweiz (Basel) und Ostschweiz (Altstätten) übernommen und berät dort die Geflüchteten auch rechtlich beim Beantragen des Schutzstatus. Um die schnelle Integration der aus der Ukraine Geflüchteten zu fördern, hat HEKS seine bestehenden Integrationsprogramme schweizweit ausgebaut: Sprachkurse (Infra), Integration in den Arbeitsmarkt (MosaiQ, Stellennetz) und Angebote für ältere Menschen (Altum). In den letzten Monaten sind weitere Angebote dazugekommen: HEKS berät und begleitet Menschen, die den Schutzstatus S nicht erhalten haben in seinen Rechtsberatungsstellen in den Regionen und betreut im Auftrag z. B. der Stadt Aarau auch Geflüchtete in ihren Wohnungen. Hast du einen Wunsch an die Kirchen in der Schweiz? Aus der Perspektive der Inlandsarbeit von HEKS ist es wichtig, nicht zu vergessen, dass es neben den Geflüchteten aus der Ukraine auch andere Menschen gibt, die auf Hilfe angewiesen sind. Es besteht die Gefahr, dass durch die grosse Not der Menschen aus der Ukraine weniger Kapazitäten für andere Hilfesuchende zur Verfügung stehen, und es gibt Situationen, wo Menschen keinen Zugang mehr zu Leistungen erhalten. Hier stehen sowohl die Hilfswerke wie die Kirche in der Verantwortung, diese Leute nicht zu vergessen und zu schauen, wo man auf solche Not aufmerksam machen oder sie überbrücken muss. Gibt es dieses Phänomen auch im Ausland? Ja, der Krieg hat nicht nur Auswirkungen in der und um die Ukraine. Wir sehen sehr grosse Nebenwirkungen in anderen Gebieten, in denen HEKS tätig ist. Hier geht es um die Verknappung von Nahrungsmitteln weltweit, um die steigenden Energiepreise und das generell steigende Preisniveau. Die ärmsten Bevölkerungsschichten haben Mühe, die Grundbedürfnisse zu decken. Das heisst, der Bedarf nach Hilfe von aussen wird auch da steigen, in einer Situation, wo sich die Mittel auch bei uns verknappen. Ich sehe dies als wichtige gesellschaftliche Aufgabe, dass die Hilfswerke aber auch die Kirchen diesen zusätzlichen Bedarf an Hilfe aufzeigen und sich dagegen wehren, wenn mit der Streichung von Geldern gedroht wird. Die Kirchen können auch aufzeigen, welche Möglichkeiten des Handelns es gibt, anstatt sich als Gesellschaft lähmen zu lassen. Selbst wenn es bei uns Einschränkungen bei Lebensmitteln und Energie gäbe, gilt es nicht zu vergessen, dass es weltweit viele Menschen gibt, die unter viel schlechteren Rahmenbedingungen in Notsituationen leben und unsere Solidarität brauchen. * Leiter Bereich OeME-Migration «Es besteht die Gefahr, dass durch die grosse Not der Menschen aus der Ukraine weniger Kapazitäten für andere Hilfesuchende zur Verfügung stehen.» «Il y a un risque que la situation de détresse des personnes en provenance d’Ukraine réduise les ressources disponibles pour d’autres demandeurs d’aide.» © Heinz Bichsel

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