ENSEMBLE Nr. / N° 66 - August / Août 2022

32 Fokus —– ENSEMBLE 2022 /66 tutionelle Gleichstellung; (2) Kirchliche Praktiken; (3) Sprache; (4) Öffentliche Stellungnahmen. 2020 wurde der erste RICE-Bericht herausgegeben. Angeführt wird der Inklusivitätsindex von der Metropolitan Community Church in Finnland. An zweiter Stelle steht die lutherisch geprägte Kirche Schwedens, und an dritter Stelle die Evangelischreformierte Kirche der Schweiz (EKS). Die Schlusslichter des Indexes bilden die russisch-orthodoxe Kirche in Russland sowie die römisch-katholische Kirche in Weissrussland und Polen. «LGBT-Ideologie-freie Zonen» in Polen An der Jahreskonferenz in Zürich traf ich Uschi Pawlik. Sie ist 43, arbeitet als Übersetzerin, Lektorin und Redakteurin und lebt in Warschau. Seit 17 Jahren ist sie mit ihrer Partnerin zusammen und sie ist Mitglied der römisch-katholischen Kirche in Polen. Dort ist die Situation für queere Menschen zurzeit besonders schwierig. Seit 2019 können sich Gemeinden oder höherstufige Verwaltungseinheiten als «frei von LGBT-Ideologie» deklarieren. Ein Drittel des Landes gehört schon zu dieser Zone. Die Erklärungen haben eine symbolische Funktion, keine rechtlichen Konsequenzen. Dennoch hätten sie einen negativen Einfluss auf die Einstellung gegenüber LGBTIQ-Menschen, sagt Uschi Pawlik. Viele fühlten sich stigmatisiert und ausgeschlossen. Zudem wurde in Polen kürzlich ein neues Gesetz vorgeschlagen, das es verbietet, etwas anderes als Beziehungen zwischen Mann und Frau sowie andere Familien als die heteronormativen darzustellen oder darüber zu sprechen. Auch in der römisch-katholischen Kirche unterstützten viele diese Einschränkungen. Uschi Pawlik nimmt ihre Kirche als sehr hierarchisch und konservativ wahr, als homophob und in einer unschönen Art patriotisch. «Aber niemand kann mir meine Beziehung zu Gott wegnehmen», sagt Uschi Pawlik. Sie fühle sich in ihrer LGBTIQ-Gruppe «Glaube und Regenbogen» zu Hause. Dort könne sie ihren Glauben und ihre sexuelle Orientierung miteinander versöhnen. Sie sei Gott so dankbar für die Unterstützung in dieser Gruppe. Ende Mai fand in Zürich die 40. Jahreskonferenz des Europäischen Forums Christlicher LGBT-Organisationen statt. Dort wurde auch ein Index zur Inklusivität von queeren Menschen in europäischen Kirchen vorgestellt. Die EKS schafft es auf den dritten Platz. Die Konferenz wurde von den Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn unterstützt. Von Mathias Tanner* Das Europäische Forum Christlicher LGBT-Organisationen ist eine ökumenische Organisation mit mehr als 40 Mitglieder-Gruppen aus mehr als 20 Ländern. Ziel des Forums und seiner MitgliederGruppen ist es, in den Kirchen und Gesellschaften Europas eine Gleichstellung und Inklusivität von LGBTIQ-Personen1 zu erreichen. Zentrale Anliegen sind dabei der Schutz der Menschenwürde und der Menschenrechte von LGBT-Personen, insbesondere der Religionsfreiheit, und ein bejahender kirchlicher Diskurs über die menschliche Sexualität. Kirchlicher Regenbogenindex Das Europäische Forum entwickelte in Zusammenarbeit mit der Evangelisch-Theologischen Universität Amsterdam den «Rainbow Index of Churches in Europe» (RICE)2. Dieser Index misst die Inklusivität von LGBT-Personen in 46 Kirchen in Europa. Diese gehören hauptsächlich zur römisch-katholischen, zur orthodoxen oder zur protestantischen Konfession. Der Index basiert auf 47 Kriterien, die vier Themenbereichen zugeordnet sind: (1) InstiK I R C H E N U N D S E X U E L L E V I E L F A L T «Niemand kann mir meine Beziehung zu Gott wegnehmen» 1 LGBTIQ steht für lesbisch, schwul (englisch «gay»), bisexuell, transgender, intergeschlechtlich, queer (siehe auch das Glossar der Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn: www.refbejuso.ch/fileadmin/user_upload/Downloads/ Broschueren_bereichsuebergreifend/TH_PUB-Glossar-Ehefuer-alle_210624.pdf 2 www.inclusive-churches.eu © zVg

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