ENSEMBLE Nr. / N° 66 - August / Août 2022

17 ENSEMBLE 2022 /66 —– Doss i er führen ins Weite – jeden Sonntag etwas anderes – und helfen, dass ich nicht nur zu Lieblingstexten predige. Ich suche mir einen vorgeschlagenen Text aus und dann frage ich mich, soll es eine Themen- oder eine Blumenstrausspredigt sein? – ich bin eher der Blumenstrausstyp. Schon ein paar Wochen vorher fange ich an, mit dem Text umzugehen. Den muss ich richtig bebrüten. Da muss ich mir einfach Zeit lassen zur Vorbereitung. Es ist mir wichtig, dass die Gottesdienstbesuchenden merken, dass ich über Dinge spreche, die mich wirklich im Herzen bewegen. Was vom Herzen kommt, geht zu den Herzen. Die Liturgie gestalte ich gerne etwas festlicher und die Gemeinde weiss das und viele mögen die Abwechslung. Wie siehst du die Anerkennung eures Dienstes bei den Pfarrpersonen? Früher war der Dienst trotz Werbung noch weniger bekannt. Das ändert sich langsam. Bei Anerkennung und Wertschätzung, da hat sich schon was geändert, vor allem mit der jüngeren Generation von Pfarrpersonen. Unsere Pfarrer hier in Merligen beteiligen mich als Prädikanten bei der Erstellung des Gottesdienstplans von Anfang an, und einer von ihnen hat einmal gesagt: «Peter, du gehörst zu unserem Team.» Diese Sicht der Beteiligung hat mir richtig gutgetan. Da fühle ich, dass ich nicht allein unterwegs bin, sondern dazugehöre. Was sind deine Visionen und Wünsche für den Prädikantendienst der Zukunft? Ich könnte mir vorstellen, dass freiwillig zusätzliche Aufgaben möglich werden. Ich bin zum Beispiel nicht so der Typ für Taufen und Trauungen, aber mit einer guten Zusatzausbildung könnte ich mir vorstellen, Trauerfeiern zu gestalten. Bis jetzt ist das nicht möglich. Eine Stärke des Prädikantendienstes ist, dass ich nicht alles machen muss, sondern anbieten kann, was ich kann, wo ich gut bin. Eine Vision als Prädikant hat sich erfüllt: Kirchgemeinde, Kommunität und Prädikant haben 2022 die Osternacht geplant, gestaltet und gefeiert. Ich bin offen für das, was sich auftut an Ideen und Möglichkeiten für eine Kirche von heute und morgen, die Räume schafft, in denen Menschen Gott begegnen können. Der Geist soll tun können, was, wo und wie er will, damit Unvorstellbares, das wir nicht zu träumen wagen, Wirklichkeit wird. Gott lässt sich nicht lumpen. Br. Peter Pyrdok lebt in der Kommunität der Christusträger in Ralligen (www.christustraeger-­ bruderschaft.org). Er machte 2013 die Ausbildung zum Prädikanten. André Stephany ist Pfarrer und arbeitet am Institut für Praktische Theologie in Bern, wo er zum Thema «Ehrenamtliche Verkündigung in der Schweiz» promoviert (www.andre-stephany.com). «Der Prädikantendienst ist eine Bereicherung» Auch aus Perspektive der Pfarrpersonen hört man verschiedene Beschreibungen für das, was Prädikantinnen und Prädikanten sind und tun: willkommene Aushilfe, Konkurrenz, Kolleginnen und Kollegen in der Verkündigung. Über den Prädikantendienst aus Perspektive einer Pfarrperson sprach André Stephany mit Pfr. Martin Leuenberger (Merligen / Sigriswil). Wie würdest du diesen Dienst einer Person beschreiben, die ihn nicht kennt? Der Prädikantendienst, das ist nicht ein Nebenberuf, sondern ein geistlicher Dienst und damit eben nicht eine Konkurrenz, sondern eine Bereicherung. Ich sehe es einfach so, dass von der Schöpfung die Talente und Gaben so reich verteilt sind, man muss nur darauf achten. Achtet auf die Lilien des Feldes. Irgendwo in der Gemeinde hat jemand eine Begabung und vielleicht eine Berufung. Es geht darum, die Lilien am Wegrand zu entdecken, zu pflücken, so dass sie dann nachher strahlen können mit ihrer Gabe. Was ist das Besondere, das Prädikantinnen und Prädikanten in die Wortverkündigung bringen? Viele bringen einen ganz anderen Background und andere Alltagserfahrungen mit. Jemand ist Landwirt, jemand Buschauffeuse. Wenn sie aus dem schöpfen, dann ist das sehr spannend. Was sind deine Hoffnungen und Visionen für diesen Dienst und was können Pfarrpersonen dazu beitragen? Ich finde es wichtig, dass Menschen in den Gemeinden etwas verankert sind, vielleicht beim Kirchensonntag einbezogen werden. Ausserdem, dass Gemeinden eine Gelegenheit anbieten, um nach dem Gottesdienst noch zusammenzukommen. Schön ist es auch, wenn es eine Kontinuität gibt und Gemeinden Prädikantinnen und Prädikanten mehrfach anfragen. Als Pfarrperson bin ich beispielsweise an meinem Freisonntag in den Gottesdienst gegangen, den ein Prädikant gehalten hat. Ich glaube, so etwas ist auch ein wichtiges Signal. Martin Leuenberger ist seit Januar 2022 Pfarrer in Merligen / Sigriswil und war zuvor in Amsoldingen. © zVg

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