ENSEMBLE Nr. / N° 57 - April / Avril 2021

25 ENSEMBLE 2021 /57 —– Doss i er Im Rahmen ihrer Jugendarbeit führt die Kirchgemeinde Kirchberg Tanztrainings für junge Frauen von 12 bis 20 Jahren durch. Die Tanzgruppen gehören zum nationalen Streetdance-Netzwerk «roundabout», einem Angebot des Blauen Kreuzes. Von Angela Wagner Ich sitze auf dem schwarzen Ledersofa in der Ecke des Raumes und merke, wie mein Fuss im Takt der Musik auf und ab wippt. Die rhythmischen Bewe­ gungen der Mädchen wirken ansteckend und ich bekomme Lust aufzustehen und mitzutanzen. Jeden Montag kommen die 11- bis 13-jährigen Mädchen zum Tanzen und zum gemütlichen Bei­ sammensein ins Kirchgemeindehaus Hoger. Mit vier «roundabout»-Tanzgruppen ist das Angebot in Kirchberg besonders gross. Die Stellenprozente für die Jugendarbeit und die Räumlichkeiten stellt die Kirchgemeinde zur Verfügung, Coachings und Gratisschulungen für die freiwillig engagierten Tanzgruppenleiterinnen bietet das nationale Streetdance-Netzwerk «roundabout» an. Freude und Empowerment Die sechs Teilnehmerinnen sind der grossen Spie­ gelwand zugewandt und schauen sich beim Tan­ zen zu. Nicht jede Bewegung sitzt perfekt, doch das scheint niemanden gross zu stören. Ganz vor­ ne steht Kischa Sriprem. Die 22-Jährige ist schon seit den Anfängen mit dabei. Zuerst als Teilneh­ merin, nun als Leiterin. «Die Freude am Tanzen steht bei uns im Zentrum, nicht die Leistung. Ich möchte keine strenge Trainerin sein, die nur kri­ tisiert. Die Mädchen sollen sich wohlfühlen und Spass haben.» Diese Werthaltung ist im Kirchge­ meindehaus Hoger spürbar. Hier wird miteinan­ der, nicht gegeneinander getanzt. Bei einer neu einstudierten Schrittabfolge ist Kischa plötzlich unsicher. Die Teilnehmerinnen helfen weiter, gemeinsam wird die Choreografie bestimmt. Früher wäre Kischa in solchen Situatio­ nen unter Druck geraten, heute nimmt sie es lo­ cker. «Am Anfang war ich vor jedem Training ner­ vös.» Sie sei früher eher scheu und zurückhaltend gewesen. «Ich hatte ständig Angst, etwas falsch zu machen.» Mit der Zeit sei die Unsicherheit aber verschwunden. «Ich habe hier viel fürs Leben ge­ lernt», sagt die Jungleiterin zufrieden. Laut Corinne Wenk ist das denn auch ein wich­ tiges Ziel von «roundabout» und der «Hoger Ju­ gendarbeit»: «Junge Frauen sollen darin bestärkt werden, Leitungsfunktionen zu übernehmen», sagt die von der Kirchgemeinde angestellte Sozial­ arbeiterin, die ebenfalls eine Tanzgruppe leitet. «Mit unseren Tanzgruppen schaffen wir einen si­ cheren Rahmen, in dem junge Frauen diese Rolle Schritt für Schritt einüben können.» Mädchen unter sich Auch auf die Teilnehmerinnen wirke sich das Angebot positiv aus. «Beim Tanzen lernen die Mädchen ihren Körper kennen, die öffentlichen Auftritte stärken ihr Selbstbewusstsein.» Die 26-jährige Sozialarbeiterin findet es wichtig, dass es Angebote gibt, die sich explizit nur an Mädchen richten. Diese Einschätzung teilt auch Kischa. Seit die Tanzgruppen geschlechtergetrennt geführt werden, seien die Mädchen weniger zurückhal­ tend. «Auch mollige Mädchen trauen sich plötz­ lich etwas näher an den Spiegel heran», berichtet die Jungleiterin zufrieden. Der gemütliche Teil mit gemeinsamem Essen und Plaudern im Anschluss ans Training kann we­ gen Corona momentan nicht stattfinden. Für heu­ te ist also bald Schluss. Vor dem Dehnen kommt aber nochmals der aktuelle Lieblingstanz der Gruppe dran. Die Mädchen tragen alle Masken. An Ausdruck fehlt es den Tänzerinnen trotzdem nicht. Ich meine Freude und auch Stolz in ihren Blicken zu erkennen. www.roundabout-network.org « R O U N D A B O U T » «Das Tanzen gibt mir Sicherheit» ©Angela Wagner Nicht jede Be- wegung sitzt per- fekt – was zählt, ist die Freude am Tanzen. Chaque mouve- ment n’est pas parfait – ce qui compte, c’est la joie de danser.

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc3MzQ=