ENSEMBLE Nr. / N° 56 - März / Mars 2021

21 ENSEMBLE 2021 /56 —– Fokus ist und durch jedes Geschöpf, das lebt, Erfahrun­ gen macht. Welche Perspektiven geben Sie Menschen, die nicht gläubig sind? Auch wenn du glaubst, dass mit dem Tod alles fertig ist, gibt es Perspektiven. Wie willst du dein Lebensende gestalten? In welchem Umfeld, mit welchen Menschen und Ritualen? Und gibt es etwas, das weiterleben soll, ein geistiges Erbe, Werte, Dinge, die du im Leben erfahren hast und die dir heilig sind? Ich würde dich einladen, dies aufzuschreiben oder jemandem zu erzählen. Das sind auch Perspektiven. Und für einige ist es auch okay, keine Perspektiven zu haben und zu glau­ ben, dass es nach dem Tod einfach fertig ist. Das kann auch sehr tröstend sein. Wie gelingt der Abschied von einem geliebten Menschen? Es ist wichtig zu schauen, welche Bedürfnisse der Sterbende hat. Und sich zu fragen, was man selbst braucht. Etwa einander zu sagen, warum der andere für einen ein Geschenk war. Oder Miss­ verständnisse aufzulösen. Vergebung ist wichtig, auf beiden Seiten, und – wenn möglich – Wert­ schätzung und Dankbarkeit Sollen Angehörige dem Sterbenden auch ihre Trauer zeigen? Ja, wenn sie echt ist. Ich denke, es geht im Leben darum, so authentisch wie möglich zu sein, im Schmerz wie in der Lust oder der Freude. Das ist das Leben und macht den Menschen aus. Es ist wie eine Wildwasserfahrt: Wenn man seine Ge­ fühle zulässt, über alles reden kann und es keine Tabus gibt, geht es auf jeden Fall Richtung Meer. Dorthin geht es natürlich auch sonst, aber einfach viel verkrampfter. Beratung Leben und Sterben Die Beratungsstelle «Leben und Sterben» enga­ giert sich für eine lebensfreundliche Sterbekul­ tur. Sie richtet sich an junge und alte Menschen, Kranke und Gesunde, Einzelpersonen und Grup­ pen, unabhängig von Konfession und Weltan­ schauung. Sie begleitet bei Sinn- und Lebens­ fragen, vermittelt Perspektiven am Lebensende, Informationen zum Abschiednehmen und zu Bestattungen. Bildungseinrichtungen und Kirchgemeinden erhalten Unterstützung bei der Planung und Durchführung von Anlässen. www.beratunglebenundsterben.ch Was hilft, mit dem Verlust eines geliebten Men- schen klarzukommen? Das Gleiche wie beim Sterben: immer wieder innezuhalten und zuzulassen, was ist. Häufig sind neben Schmerz auch Wut oder Vorwürfe vor­ handen, gegenüber dem Verstorbenen oder dem Schicksal. Es hilft, diese Gefühle nicht zu ver­ drängen. Sie sind immer wieder mit schweren Schicksalen konfrontiert. Wie gehen Sie damit um? Natürlich begleiten sie mich nach Hause, sie lassen mich nicht kalt. Aber ich will mich nicht abkapseln. Ich möchte mit den Menschen in Be­ ziehung treten, für sie da sein. Ich bete für sie und bitte Gott um seinen Segen, damit ihnen Liebe, Licht und Vertrauen zufliessen. Natürlich ist es schwer, wenn ein Mensch stirbt – aber oft gleich­ zeitig auch sehr schön. Der Tod verändert etwas. Sterben ist wie eine Geburt, das Einbrechen einer anderen Dimension, von etwas Grossem und Hei­ ligem, von dem ich immer wieder tief ergriffen bin. Sterben heisst nach Hause gehen, in die allumfassende Liebe, ins Licht. Mourir signifie rentrer à la maison, dans l’Amour univer- sel, dans la Lumière. ©Keystone / Mauritius Images / Busse & Yankushev

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