ENSEMBLE Nr. / N° 37 - April / Avril 2019

4 Dossier —– ENSEMBLE 2019/37 KLEINE SCHRITTE RICHTUNG FRIEDEN KIRCHLICHE FRIEDENSARBEIT À PETITS PAS, BÂTIR LA PAIX TRAVAIL DES ÉGLISES POUR LA PAIX Was genau steht eigentlich hinter den Begriffen «Frieden» oder «kirchliche Friedens- arbeit»? Sind Religionen friedensstiftend oder doch eher Ursache von Konflikten? Und wie steht es um die Rolle der Schweiz in der globalen Friedensarbeit? Laurent Goetschel, Direktor von swisspeace, und Pierre Bühler, emeritierter Professor für systematische Theologie, beantworten diese und weitere Fragen im Gespräch. Von Daria Lehmann Herr Goetschel, Sie setzen sich als Direktor des praxisorientierten Forschungsinstituts swisspeace auf vielfältige Weise für Frieden ein. Doch was bedeutet «Frieden» eigentlich? Laurent Goetschel: Frieden kann man nicht allgemeingültig definieren. Ich glaube, das ist ein sehr individueller Zustand, weil es verschiedene Visionen von Frieden gibt. Unseren Beitrag auf dem Weg zu einer friedlichen Welt sehen wir jedoch darin, dass wir versuchen, Gesellschaften dazu zu befähigen, Spannungen und Konflikte gewaltfrei zu bewältigen. Damit tragen wir ver­ einfacht gesagt dazu bei, dass es weniger phy­ sische Gewalt gibt. Welche Rolle spielt für Sie die Kirche in der Friedens­ arbeit? Laurent Goetschel: Die Kirche ist für mich einer der Träger der Friedensarbeit. Sie ist insbesondere eine relevante Akteurin, weil sie den Anspruch hat, ethisch zu handeln. Diese Verbindung von individuellen ethischen Vorstellungen und dem tatsächlichen Handeln, zum Beispiel bei aussenpolitischen Entscheiden, zeichnet kirch­ liche Akteure in der Friedensarbeit für mich aus. Herr Bühler, können Sie mir Beispiele nennen, die für Sie zu «kirchlicher Friedensarbeit» zählen? Was steht konkret hinter diesem Begriff? Pierre Bühler: Kirchliche Friedensarbeit ist in der konkreten Umsetzung sehr vielseitig. Beispiels­ weise leisten kirchliche Hilfswerke in der Entwick­ lungszusammenarbeit, wie HEKS oder Caritas, einen Beitrag, indem sie den interkulturellen Dia­ log fördern und das «Nord-Süd-Gefälle» abzu­ schwächen versuchen. Auf schweizerischer Ebene gibt es etwa den «Tisch der Religionen», einen Anlass, an dem sich Vertreter verschiedenster Re­ ligionen auf Augenhöhe austauschen. So werden Vorurteile abgebaut und der interreligiöse Dialog «Die Kirche ist für mich einer der Träger der Friedensarbeit. Sie ist insbesondere eine relevante Akteurin, weil sie den Anspruch hat, ethisch zu handeln.» Laurent Goetschel ©Adrian Hauser Laurent Goetschel

RkJQdWJsaXNoZXIy Mjc3MzQ=