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Dossier —– ENSEMBLE 2016/10

16 Kirchen haben das Label Velowegkirche

erhalten und dienen den Velotouristen seit

diesem Jahr als «Ladestationen für die Seele»

am Velowegesrand. Am Pfingstmontag

wurde die Saison mit einer grossen Auftakt-

Tour eröffnet.

Von Ralph Marthaler*

Gastfreundlichkeit ist ein hohes kulturelles Gut.

Und es ist auch ein hohes kirchliches Gut. Daher

haben die Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solo-

thurn vor einigen Jahren gerne mitgemacht bei

der Kampagne für gastfreundliche Kirchen des

Schweizerischen Evangelischen Kirchenbundes.

Seit letztem Jahr gibt es ein Folgeprojekt zu dieser

Kampagne: Velowegkirchen entlang der Herz­

route.

Die Herzroute ist ebenfalls ein sehr gastfreund-

liches Projekt: ein Veloweg (Nummer 99) auf ver-

schlungenen Wegen vom Genfersee bis zum

Bodensee durch die schönsten, hügeligsten und

abgelegensten Gegenden der Schweiz, gegründet

von touristischen Pionieren, die frühzeitig das

Potenzial der E-Bikes erkannten, gefördert durch

Gelder der Regionalentwicklung.

Kirchen prägen die Landschaft

Wer durch dieses Herzroutenland fährt, sieht vie-

les: steile Hügel, schmucke Höfe, prächtige Dörfer,

weite Felder und dazwischen, als spezielle Weg-

marken, immer wieder Kirchtürme – hohe schma-

le, geduckte breite. Die Kirchen prägen die Kul-

turlandschaft fast so stark wie die Landwirtschaft.

Und weil das Christentum und also die Kirche von

alters her die Gastfreundschaft hochhält, war es

ein kleiner Schritt für die Reformierten Kirchen

Bern-Jura-Solothurn hin zur Idee der Veloweg­

kirchen: Velofahrende auf der Herzroute einzula-

den, bei oder in der Kirche einen Halt einzulegen

– und bei den kleinen und grossen «Ladestationen

für die Seele» die Füsse und die Seele baumeln zu

lassen. Und nach einigen Absprachen mit den Ver-

antwortlichen der Herzroute startete im Jahr 2015

das Projekt.

16 Velowegkirchen, die untertags geöffnet sind

und Velofahrende in und um die Kirche herzlich

willkommen heissen, gibt es inzwischen an der

Herzroute im Kanton Bern. Die meisten haben ei-

nen Rastplatz, ein WC, einen Segensspruch, ein

Gästebuch oder eine kleine Aufmerksamkeit für

die Velotouristen zu bieten – und manche auch

eine Ladestation und Flickzeug.

Ökumenisch aufgegleist

Am Pfingstmontag starteten die Velowegkirchen

die Saison 2016 mit einer grossen Auftakt-Tour.

80 Velofahrerinnen und Velofahrer fuhren mit

Flyern zu drei der 16 Velowegkirchen und liessen

sich gastfreundlich begrüssen und bewirten.

Synodalrat Lucien Boder von den Reformierten

Kirchen Bern-Jura-Solothurn gab dem Tross in

Niederscherli den Segen mit auf den Weg. Kurt

Schär, Verwaltungsratspräsident der Herzroute AG,

welche die vielen Flyer zur Verfügung stellte, emp-

fing die Reisenden in Murten, der letzten Station

der Reise, und tat seiner Überzeugung kund, dass

das Zusammenspiel von Kirchen und Herzroute

ein Glücksfall für beide Seiten sei. Dazwischen

besuchten die «Fahrenden» noch die Veloweg­

kirchen von Laupen und Cordast, die jeweils kuli-

narisch und inhaltlich anregten.

Spätestens beim Abgeben der Flyer in Murten

waren sich alle sicher: Velo und Kirche – das passt

hervorragend zusammen. Ob Gott wohl Velo

fährt?, fragten sich einige. Das bleibt offen. Aber

die Idee, dass jedem so begegnet werde, als sei

vielleicht Gott selbst unterwegs, hat viele ange-

sprochen. Dies gilt zurzeit vor allem auch für die

Fluchtrouten über das Mittelmer und durch den

Balkan.

Das Projekt stösst denn auch auf grosses Inte-

resse bei anderen Kantonalkirchen und ist ökume-

nisch aufgegleist. Im Herbst werden die Projekt-

verantwortlichen das Pilotprojekt auswerten und

darüber entscheiden, ob das Konzept ausgeweitet

wird.

V E L O W E G K I R C H E N

Fährt Gott Velo?

© Mauro Mellone

In Bewegung:

Rund 80 Personen

nahmen an der

Auftakt-Tour teil.

En mouvement:

plus de 80 per-

sonnes ont pris

part au tour

d’inauguration.

* Beauftragter Kirche und regionale Entwicklung